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Herzklopfen unisono, Do. 4. November 2010 >>>

 

Leevste, ick bin van u gefangen


Barbara Willimek und Martin Junge

170 Zentimeter lang ist die Laute von Martin Junge. Barbara Willimek hört zu, wie er sie dem Publikum im Falkenhof erklärt. (Rheine, 3.Oktober 2014)

Ingmar Winter

Rheine - Am Tag der Deutschen Einheit fand im Rahmen der Morrien-Ausstellung ein Vortragskonzert statt, das die westfälische Adelskultur in der Zeit zwischen Reformation und beginnendem Barock mit reichem Bildmaterial und viel zeitgenössischen Musikbeispielen vorstellte. Bezogen auf die Zeit der Familie Morrien hatte der Referent Gerd Dethlefs den Blick auf „Menschen, Macht und Musik“ der Zeit der Renaissance gerichtet, musikalisch begleitet von Barbara Willimek (Gesang und Blockflöte) und Martin Junge (Laute).

Von Ingmar Winter

Dieses Vortrags-Trio war inhaltlich abgestimmt, der Vortrag nahm ständig Bezug auf die Rheiner Verhältnisse und die Musikstücke setzten die Zuhörer zurück in die Lebensart der westfälischen Adelsfamilien. Wichtig war für die gesamte Kultur des 16. Jahrhunderts der Epochencharakter der Renaissance, die Gerd Dethlefs, der Historiker für Landesgeschichte am LWL-Museum für Kunst und Kultur, mit einzigartigem historischem Bildmaterial beschrieb. Der epochale Rückbezug auf die griechische Antike hat eine freiere, nicht von kirchlichen Glaubenssätzen abhängige Lebensart entwickelt, die eine individuelle Porträtkunst und die Zentralperspektive, ein großes Interesse an der menschlichen Anatomie und einen neuen Musikgeschmack hervorrief.

Zwei Studentenlieder von Hans Judenkunig und Petrus Fabritius eröffneten den Abend, Barbara Willimek sang sie mit textdeutlicher Altstimme, was für die Lautung der niederdeutschen Texte wichtig war. Zwar erschienen die Liedtexte auf der Beamerwand, aber der Klang der Sprache musste darüber hinaus artikuliert sein. Patrarcas Besteigung des südfranzösischen Bergs Mont Ventoux gilt als „Aufbruch“ in diese neue Zeit, auf der Ebene der Musik war es die Ablösung der Gotteslob-Lieder durch Liebes- und Trinklieder zur geselligen Unterhaltung. Die beiden Musiker hatten als Beispiel dieser veränderten Lied-Auffassung das traditionsgebundene Marienlied „Maria zart“ (1512) von Arnolt Schlick aus der Frührenaissance dem Lied „A lieta vita“ (um 1610) von Giovanni Gastoldi gegenübergestellt, das antikes Liebesdenken mit christlichem Gottesglauben verbindet.

Gerd Dethlefs ging auf die Machtverhältnisse der Landesfürsten ein, ihr mächtigster Vertreter war der Graf zur Mark und von Ravensburg in Jülich-Kleve-Berg, der wie alle Landesherren für Recht und Ordnung sorgte. Anschauungsmaterial lieferten Bilder aus dem neuen Westfälischen Landesmuseum in Münster, wo der Referent die Abteilung der Landesgeschichte führt. In diesem landesfürstlichen Bereich gehörte die Familie der Morrien als calvinistisch reformiert zur „Opposition“ und hatte somit keine wichtigen politischen Ämter inne. Zu landesweit großen Ereignissen waren sie nicht eingeladen, wie zum Beispiel zur Hochzeit von Johann Everswyn und Lucia Buys in Haarlem 1539, zu der Musik komponiert und an diesem Abend gespielt wurde. Martin Junge stellte sie auf der Laute dar, festlich klingend als gesellige Unterhaltung oder als gravitätische Huldigung für Christian IV. in einer Komposition von John Dowland.

Die Laute war die Königin der Renaissance-Instrumente, und Martin Junge führte seine zwei Lauten vor, die „klassische“ mit dem herrlichen Wohlklang und die lange Laute mit den zwei Wirbelkästen. Es war für das Publikum sehr interessant, als Junge „seine“ Lauten erklärte und an Beispielen vorführte. Erstaunlich die Vielfältigkeit des musikalischen Einsatzes: Die Laute war das klingende Instrument beim „Chanson d’être amoureux“ (Claudin de Sermisy) und bei der melodischen „Paduana Romanesca“ (Tielman Susato), begleitete das Spinnerinnenlied „Als ick u vinde“ (Hubert Waelrant) und bildete den Basso continuo beim „Preludium“ aus der erst vor kurzem im Landesmuseum Münster entdeckten Lautenhandschrift des Bernhardo Schencking (1561), die mit einer Notenedition von Martin Junge unlängst veröffentlicht wurde.

Dieses Vortragskonzert war ein Höhepunkt im Vortragsangebot der Morrien-Ausstellung. Das Zusammenspiel der fundierten Wort- und illustrierenden Ton-Kunst war in höchstem Maße geeignet, die Zeit der Renaissance „erleben“ zu lassen. Neu und überraschend auch ein musikalischer Vortrag einer Renaissance-Komponistin (!): Zur Schwelle des Barock komponierte Barbara Strozzi die opernnahe Arie „Che si può fare“, die Barbara Willimek (Alt) und Martin Junge (Basso continuo) unter langem Schlussapplaus vortrugen.

Ingmar Winter

 

http://www.mv-online.de/Region-Rheine/Rheine/1748711-Hervorragendes-Vortragskonzert-im-Falkenhof-versetzt-Zuhoerer-in-die-Morrien-Zeit-Leevste-ick-ben-van-u-gevangen!








Remscheid
Die Laute führte durch barocke Klangwelten.

"Banquetto Musicale" hat sich der Kammer- und Vokalmusik des 16. bis 18. Jahrhunderts verschrieben und gestaltet seine Konzerte durch wechselnde Besetzungen innerhalb der Programme farben- und abwechslungsreich.
Von Stefanie Bona

Davon konnten sich am Sonntagnachmittag die Zuhörerinnen und Zuhörer in der Pfarrkirche St. Bonaventura überzeugen, die ob des schönen Wetters und der zahlreichen Parallelveranstaltungen nicht sehr zahlreich, aber höchst interessiert der Musik lauschten. Der Generalbass als begleitendes Element spielt eine zentrale Rolle in der Musik des Barocks.

Im Vergleich zu vielen anderen Konzerten dieser Art eher selten und daher reizvoll war, dass nicht Orgel oder Cembalo diese Aufgabe übernahmen, sondern die von Martin Junge gespielte Laute. Einen hübschen Einstieg fanden die Flötistinnen Barbara Willimek und Anke Meisen mit der Sonate e-moll für zwei Querflöten von Wilhelm Friedemann Bach. Wie zwei Gesangsstimmen vereinigte sich das leichte und luftige Flötenspiel zu vollendeter Harmonie. Den Titel des Konzerts "Die Liebe ist ein tolles Ungeheuer" entlehnten die Musiker einem Stück aus den moralischen Kantaten von Georg Phillip Telemann.

Als Gesangssolistin erfüllte Barbara Willimek mit ihrer warmen Altstimme den Kirchenraum. Noch mehr zu überzeugen wusste sie allerdings gerade mit ihren sauberen Koloraturen in zwei Kantaten aus Heinrich Schütz' "Kleinen Geistlichen Konzerten" für Alt und Basso Continuo. Flötistin Anke Meisen gestaltete die Sonate Op. 1 Nr. 3 in G-Dur für Blockflöte und Generalbass von Loeillet de Gant mit sehnsuchtsvollem und dann wieder beschwingtem Spiel. Dass auch die von Laute und Barockcello erzeugten Klangbilder sehr inspirierend sein können, bewiesen Martin Junge und Monika Kasper mit der Sonate G-Dur von Martino. Hier war die Entstehungszeit des Spätbarocks sehr schön zu erkennen. Der Sprung in eine neue Zeit mit gefälligen Weisen und auch die Anlehnung an die Folklore war hörbar.


Quelle: RP; 16.06.2015




Remscheid

Die Arie als Kummerkasten präsentiert

Remscheid. Die Werke großer Komponisten wie etwa Bach und Telemann standen am Sonntagnachmittag beim Barockensemble Banquetto Musicale auf dem Spielplan beim Konzert „Cantabo Domino". Mit großer Musikalität entführten die vier Musiker ihre Zuhörer in der Heilig-Kreuz-Kirche in die Epoche des Barock. Damit trafen sie den Nerv des Publikums. Die Künstler erhielten viel Applaus.

Von Hagen Thiele


"Es sind nur vier Bass-Töne, die das Grundgerüst dieses Werkes bilden. Darauf baut die Arie auf, in der der verschmähte Liebhaber seinen Kummer klagt", erklärte Sängerin Barbara Willimek im Vorfeld zu G. F. Sances‘ „Ursupator Tiranno“. Willimeks leidenschaftlicher und doch anmutiger Gesang beseelte das ohnehin schon emotionale Werk noch einmal, so dass es eine intensive Wirkung entfaltete.

Die Publikumsreaktion war bezeichnend: Nach einer kurzen Pause, um das Gehörte zu verarbeiten, kam erst der verdiente Applaus auf. Hinter Willimeks Leistung mussten sich ihre Mitmusiker Anke Meisen (Flöte), Monika Kasper (Barockcello) und Martin Junge (Lauten) aber keinesfalls verstecken. Ihr Können stellten sie jeweils mit eigenen Soli unter Beweis.

Dass das Konzert unterm Strich so äußerst gut gelang, lag allerdings keinesfalls an der Einzelleistung der Künstler, sondern an ihrer hervorragenden Abstimmung untereinander. Egal in welcher instrumentalen Kombination, die Musiker harmonierten stets bestens. Gleiches galt auch für Gesang und Melodien, die sich zu einem ansprechenden Ganzen verwoben.

Kenntnisreich waren die Ansagen vor den Stücken, die nicht nur bei Sances‘ Werk interessantes Wissen zu den Kompositionen bereithielten. So erklärte Willimek etwa zu „Ecce Homo", dass der spanische Komponist unbekannt und das Stück vermutlich im späten 18. Jahrhundert entstanden sei.

Sanfte, feierliche Melodien schmeichelten dem Ohr des Hörers und ließen die Alltagssorgen schnell verblassen. In eine ähnliche Richtung ging auch T. Albinonis "Adagio - Presto", das von seinen verspielten, leichtfüßigen und unbekümmerten Tonfolgen lebt.

Live und gekonnt umgesetzt war es das ideale Stück zum Entspannen und Genießen.

Quelle: RP, 05.07.2016